Steuerliche Fundstücke aus dem Koalitionsvertrag vom 24.11.2021

Während sich unsere zukünftige Bundesregierung noch in der Neuorganisation befindet, gibt es bereits seit kurzem den Koalitionsvertrag. Diesen haben wir unter die Lupe genommen und die steuerlichen Aspekte für Sie beleuchtet.

Natürlich ist es noch zu früh, sich bereits mit neuen gesetzlichen Regelungen zu befassen, dennoch geben die hier aufgeführten Fundstücke wichtige Hinweise auf die Richtung zukünftiger Entwicklungen: 

  • Statusfeststellungsverfahren bei der Deutschen Rentenversicherung: Das Statusfeststellungsverfahren ist in allen Fällen von Zweifelsfragen zur Sozialversicherungspflicht von Bedeutung und schafft im Vorhinein Rechtssicherheit. Die neue Regierung wünscht sich eine Beschleunigung und Verbesserung dieses Verfahrens.
     
  • Erleichterter Zugang zur freiwilligen Arbeitslosenversicherung für Selbständige sowie Gründer:innen: Es besteht jetzt schon die Möglichkeit für Selbständige, sich freiwillig bei der Arbeitslosenversicherung anzumelden. Der Zugang zu diesem Verfahren soll erleichtert werden.
     
  • Gesellschafter-Geschäftsführersind oft komplett von der Sozialversicherungspflicht befreit. Es wird jetzt geplant, eine Beitragsentrichtungspflicht zur Arbeitslosenversicherung einzuführen.
  • Mindestlohn: der Mindestlohn soll auf 12 EUR/Stunde angehoben werden.
  • Mini-Jobs: Die Wochenarbeitszeit von 10 Stunden hat zu Mindestlohnbedingungen zu erfolgen. Die Monatsgrenze soll auf 520 EUR angehoben werden.
  • Midi-Jobs: die Grenze soll auf 1.600 EUR angehoben werden.
  • Haushaltsnahe Dienstleistungen: Weitere Förderung haushaltsnaher Dienstleistungen durch Zulagen- und Gutscheinsysteme. Es soll die Einführung eines steuerfreien Arbeitgeberzuschusses erfolgen, der an die Arbeitnehmer:innen gezahlt werden kann. Dabei wird wohl eine Verrechnung der neuen Förderungen mit den bisherigen steuerlichen Möglichkeiten (z.B. § 35a EStG) erfolgen.
  • Kapitaleinkünfte: Der Sparerpauschbetrag wird von 801 / 1.602 EUR auf 1.000 / 2.000 EUR erhöht.
  • Altersvorsorge von Selbständigen: Es wird eine Pflicht zur Altersvorsorge für selbständige Unternehmer und Unternehmerinnen eingeführt, falls diese nicht ohnehin einer Mitgliedschaft in einem Alterssicherungssystem unterliegen
  • Wohnungsbau: Es ist geplant, den sozialen Wohnungsbau inkl. sozialer Eigenheimförderung neu und verstärkt zu fördern.
  • Wohnungsbau: Die lineare Abschreibung soll beim Wohnungsneubau von zwei auf drei Prozent angehoben werden.
  • Selbstgenutztes Wohneigentum: Es wird auf die Möglichkeit der flexiblen Gestaltung der Grunderwerbsteuer durch die Länder hingewiesen – also eventuell die Möglichkeit, Befreiungen einzuführen. Die Gegenfinanzierung soll durch die Schließung von Steuerschlupflöchern beim Immobilienerwerb von Konzernen erfolgen. Mit Steuerschlupflöchern meint die Politik bestehende gesetzliche Regelungen, die überarbeitet werden sollen.
  • Geldwäsche und Steuerhinterziehung: Es wird ein ausdrückliches Verbot eingeführt, Immobilien mit Bargeld zu erwerben. Außerdem soll ein Versteuerungsnachweis für gewerbliche und private Immobilienkäufer aus dem Ausland eingeführt werden.
  • Plug-in-Hybride: Bei der Besteuerung der privaten Pkw-Nutzung wird es den bisherigen 50 %igen Abschlag vom Listenpreis nur noch dann geben, wenn das Fahrzeug ebenfalls überwiegend (mehr als 50 %) elektrisch betrieben wird. Außerdem ist ab dem 1.8.2023 eine Mindestreichweite von 80 Km (elektrisch) bereits jetzt schon gesetzlich geregelt.
  • Vollelektrofahrzeuge: Bei elektrisch angetriebenen Fahrzeugen gibt es für die Besteuerung des privaten Nutzungsanteils einen 50 %igen Abschlag vom Listenpreis bei Anschaffungen ab 2025.
  • Klimaschutz: Es soll eine sogenannte „Superabschreibung“ als Investitionsprämie für Klimaschutz und digitale Wirtschaftsgüter, die in 2022 und 2023 angeschafft werden, eingeführt werden. Wie das genau funktionieren soll, ist unklar. In anderen Ländern bedeutet „Superabschreibung“ entweder eine Abschreibung von z.B. 125 % der Anschaffungskosten oder der Abzug binnen Jahresfrist.
  • Verlustverrechnung: Die Verlustverrechnungsregelungen (10 bzw. 20 Mio.) sollen bis 2023 verlängert werden. Der Verlustrücktrag kann für zwei Jahre erfolgen. Aussagen zur Gewerbesteuer gibt es diesbezüglich nicht.
  • Das Optionsmodell und die Thesaurierungsbesteuerung sollen evaluiert werden, um ggf. eine praxistaugliche Anpassung zu ermöglichen.
  • New Work: Die Homeoffice-Pauschale bleibt wie bisher bestehen (5 EUR pro Tag – max. 600 EUR im Jahr) und wird bis 31.12.2022 verlängert.
  • Ausbildungsfreibetrag: Dieser Freibetrag soll von 924 EUR auf 1.200 EUR erhöht werden.
  • Rentenbesteuerung: Die Rentenbesteuerung wird reformiert. Bisher sollten ab 2040 100% der Renten besteuert werden. Dieser Wert wird durch eine jährliche Staffelung der Erhöhungsbeträge erreicht. Jetzt wird die „100 % Besteuerung“ auf das Jahr 2060 verschoben. Der steuerpflichtige Rentenanteil steigt jetzt jeweils jährlich um 0,5 %. Beiträge zur Basisvorsorge können ab 2023 voll steuerlich abgezogen werden.
  • Änderungen bei der Einfuhrumsatzsteuer: Hier soll es zur Vermeidung von Steuerbetrug und zur Rationalisierung des Verfahrens Änderungen geben. Belastbare Einzelheiten sind noch nicht bekannt.
  • Spenden: Die Gewährung von Sachspenden soll vereinfacht werden. Bisher ergaben sich die bekannten Probleme bei der Bewertung und der Rückzahlung der geltend gemachten Vorsteuer.
  • Betriebsprüfung: Steuerprüfungen will man modernisieren und beschleunigen. Unser Berufsstand fordert bereits seit langem eine zeitnahe Betriebsprüfung. Bisher waren die Anstrengungen der Politik diesbezüglich auf Großunternehmen beschränkt.
  • Meldepflichten: Bei Unternehmen mit einem Umsatz von 10 Mio. EUR soll die Ausweitung der Mitteilungspflicht von grenzüberschreitenden Gestaltungen eingeführt werden. Auch sogenannte nationalstaatliche Gestaltungen in Deutschland sollen der Meldepflicht unterliegen.
     

Was genau aus diesen Plänen wird, können wir in den nächsten Monaten beobachten. Bitte beachten Sie, dass fast alle Punkte noch nicht zur aktuell gültigen Gesetzeslage zählen. Wir bleiben auf alle Fälle weiter für Sie dran und informieren Sie. 

CB / 02.12.2021