Achtung: Gesetzesänderung bei B2C Verkäufen ins EU-Ausland

Jahressteuergesetz 2020: Änderungen im Versandhandel / bei Fernverkäufen in die Länder der Europäischen Union

Das Wichtigste in Kürze

  • Versandhandel heißt jetzt Fernverkauf.
  • Ab einer Umsatzgrenze von 10.000 Euro B2C-Lieferungen – also an private Kunden – muss bei Lieferung in andere EU-Länder die Umsatzsteuer im Land des Kunden-Wohnortes abgeführt werden.
  • Die Grenze von 10.000 Euro gilt nicht pro beliefertem Land, sondern insgesamt für alle B2C-Lieferungen eines Unternehmens ins EU-Ausland pro Jahr. Dadurch kann die Regelung auch Unternehmen betreffen, die sich bisher nicht auf den Versandhandel spezialisiert haben.
  • Die bisherigen Lieferschwellen sind abgeschafft worden. Die Umsatzsteuer in anderen EU-Ländern kann zentral über das neue OSS-Verfahren (One-Stop-Shop) beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) angemeldet und abgeführt werden.   

Details zu den Änderungen 

Die Definition für den Fernverkauf innerhalb der Europäischen Gemeinschaft (bisher Versandhandel) wurde angepasst und damit zusammenhängend der Ort der Lieferung.

Nach wie vor gilt die Grundregel: Der Ort der Lieferung ist Deutschland, wenn Verkäufe an Privatpersonen innerhalb der EU erfolgen (B2C). Bisher galt außerdem: Bei Überschreitung der maßgebenden Lieferschwelle wird das Bestimmungsland zum Ort der Lieferung.

Nun werden die bisherigen länderspezifischen Lieferschwellen abgeschafft und durch eine einheitliche Geringfügigkeitsschwelle in Höhe von 10.000,00 EUR ersetzt.

!! Die Geringfügigkeitsschwelle gilt nicht wie bisher pro Lieferland, sondern für alle Lieferungen aus Deutschland in Länder der EU zusammen. Maßstab der Geringfügigkeitsschwelle sind die Entgelte – d.h. der Nettobetrag der Lieferungen. !!
 
Als belieferte Privatperson zählen sowohl juristische Personen, die nicht Unternehmer sind und keine USt-ID-Nr. besitzen, als auch Kleinunternehmer oder umsatzsteuerbefreite Unternehmer (z.B. Ärzte).
Diese neuen Regeln gelten ab dem 01.07.2021. Es ist zu prüfen, ob die Lieferungen des vorangegangenen Kalenderjahres 10.000,00 EUR überschritten haben und / oder im laufenden Kalenderjahr überschreiten werden. Denn obwohl die Geringfügigkeitsschwelle erst ab dem 01.07.2021 anzuwenden ist, sind dennoch die Verhältnisse aus 2020 und aus dem ersten Halbjahr 2021 heranzuziehen.
Wird die Geringfügigkeitsschwelle tatsächlich oder voraussichtlich überschritten, folgt daraus, dass die umsatzsteuerpflichtigen Lieferungen in die jeweiligen EU-Länder ausgeführt werden und demzufolge dort die Umsatzsteuer abgeführt werden muss. Die Umsatzsteuer ist nach nationalen Bestimmungen, wie z.B. den geltenden Umsatzsteuersätzen, zu besteuern. Außerdem hat eine Registrierung in den jeweiligen EU-Ländern zu erfolgen.

!! Diese Verpflichtung gilt für alle Unternehmen, die im laufenden Jahr Ware im Wert von mehr als 10.000 Euro in Summe an private Kunden in die europäische Gemeinschaft liefern. !!

Um einen erhöhten Aufwand zu vermeiden, wurde der sogenannte One-Stop-Shop (OSS) eingeführt. Dieser bietet die Möglichkeit, alle ausländischen Umsatzsteuerbeträge zentral in Deutschland zu melden und abzuführen. Die Verteilung erfolgt dann zentral durch das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt), wodurch die umfangreichen Registrierungen in den jeweiligen Ländern entfallen.

Die Meldungen im OSS-Verfahren sind vierteljährlich zu erstellen. Es handelt sich hierbei um eine Steuererklärung, keine (Vor-)Anmeldung. Die Abgabe hat spätestens am 30. des Folgemonats nach Quartalsende zu erfolgen. Es gilt also keine Fristverlängerung. 

!! Die Registrierung für die Teilnahme am OSS-Verfahren muss im Voraus vorgenommen werden. D.h. für die Teilnahme ab dem 01.07.2021 muss die Registrierung bis zum 30.06.2021 erfolgt sein. !!

Durch die Teilnahme am OSS-Verfahren entfällt bei Lieferungen an Privatpersonen gem. § 18j Abs. 2 UStG die Verpflichtung, eine Rechnung auszustellen. Wenn trotzdem eine Rechnung ausgestellt wird, ist der USt-Satz des jeweiligen EU-Landes auszuweisen, in das geliefert wird. 

!! Wird dennoch deutsche USt ausgewiesen, ist diese nach den Vorschriften des § 14c UStG fällig und zusätzlich abzuführen. Vorsichtshalber sollte daher lediglich eine Bestellbestätigung oder ein Lieferschein ausgestellt/beigefügt werden und eben keine Rechnung mehr. !!

Ergänzend weisen wir darauf hin, dass auch bei anfänglich geringeren Umsätzen auf die Anwendung der Geringfügigkeitsschwelle verzichtet werden kann (beispielsweise wenn zukünftig Warenlieferungen über 10.000,00 EUR angestrebt werden). In dem Fall wäre ab der ersten Lieferung das OSS-Verfahren anzuwenden. 


Wird die Geringfügigkeitsschwelle überschritten, sind folgende Anpassungen vorzunehmen:

  • Umstellung der Ausgangsrechnungen ab 01.07.2020 auf den Umsatzsteuersatz des Lieferlandes in der EU – siehe hierzu die o.g. Erläuterungen
  • Erstellung einer Übersicht über die jeweils geltenden Umsatzsteuersätze für die gelieferten Waren in den einzelnen Ländern der EU
  • Umstellung der Buchführung, damit jedes Land einzeln erfasst und gemeldet werden kann
  • Zeitgerechtes Aufbereiten der Unterlagen, damit der Abgabetermin eingehalten werden kann
  • Registrierung im OSS
  • Wurden bisher Umsatzsteuer-Meldungen in anderen EU-Ländern abgegeben, muss bei der dortigen Finanzverwaltung eine Abmeldung erfolgen, wenn künftig das OSS-Verfahren angewendet wird.

!! Sofern Lieferungen in die EU erfolgen, ist eine Registrierung für die Teilnahme am OSS-Verfahren empfehlenswert. Sollte die Geringfügigkeitsschwelle nicht überschritten werden, ist eine 0,00 EUR-Meldung möglich. !!


Lieferungen an Unternehmen (B2B)

Die Regelungen zu innergemeinschaftlichen Lieferungen an Unternehmen (B2B) und dem damit verbundenen Wechsel der Steuerschuldnerschaft haben sich nicht geändert. Hier sind keine Lieferschwellen/Geringfügigkeitsschwellen zu berücksichtigen. Die Vorschriften für innergemeinschaftliche Lieferungen an Unternehmen gelten ab der ersten Lieferung/dem ersten Umsatz.

Ebenso unverändert bleibt, dass das OSS-Verfahren nicht für Vorgänge des innergemeinschaftlichen Verbringens anzuwenden ist. Dies sind Lieferungen in ein eigenes Lager in einem anderen EU-Staat. In diesen Fällen ist nach wie vor eine Registrierung in dem jeweiligen EU-Land notwendig.

!! Achtung: Die vom Erwerber verwendete USt-ID-Nr. ist vor der Lieferung zu prüfen. Unsere Empfehlung ist, diese bereits bei der Bestellung aktiv abzufragen und sich die vom Erwerber verwendete USt-ID-Nr. vom BZSt bestätigen zu lassen (hierfür gibt es Software-Plugins). Sofern diese USt-ID-Nr. beim Lieferzeitpunkt NICHT vorliegt, kann die Steuerbefreiung der innergemeinschaftlichen Lieferung NICHT zur Anwendung kommen. Der Umsatz wäre in Deutschland steuerpflichtig. Wie bisher ist die USt-ID-Nr. des Erwerbers in der Rechnung aufzuführen. !!

Haben Sie noch weitere Fragen? Gerne stehen wir Ihnen für Rückfragen und eine Abstimmung zum weiteren Vorgehen zur Verfügung